Noch immer liege ich im Genesungsprozess. Kann nicht zum Gottesdienst. Die Übertragung aus meiner Gemeinde klappt nicht. Also schalte ich um auf zwei andere Gottesdienste - einer aus Bogenhofen, der andere aus Newbold College. Beide Predigten zum gleichen Thema...

Es geht um das Hören!
Wie wir Gottes Stimme hören.
Ich finde das erstaunlich, dass sehr unterschiedlichen Verkündigern (eine Frau, ein Mann, die eine schwarz, der andere weiß), an sehr unterschiedlichen Orten (England und Österreich) das gleiche Thema aufs Herz gelegt wurde. Ein Thema, das in meiner Kirche eher vorsichtig angefasst wird. Hören auf Gott? Das beschränkt sich für viele auf das Bibelstudium, den Erkenntnisgewinn, der im Lesen der Heiligen Schriften liegt. Das ist auch die Stärke einer jeden reformatorischen Kirche: ein gründliches Bibelstudium - Hören auf Gottes Wort. Gut so!
Doch ist "HÖREN" eben nicht beschränkt auf aufmerksames Lesen. Genau genommen ... höre ich beim Lesen gar nichts, sondern sehe ... aber das ist ein anderes Thema (nämlich die Frage nach dem Phänomen der Synästhesie). Hören ist mehr, als lesen und verstehen. Es ist ein Hinhorchen, ein Aufmerken, ein in Beziehung treten, ein Zugehörigsein ... und damit weit mehr als die intellektuelle Verarbeitung von alten Texten.
Durch die Vortragsarbeit von Claudia ist mir ja das Thema "hörendes Gebet" nicht fremd. Es hat für mich auch den Beigeschmack des hypercharismatischen, subjektiv bis manipulativen verloren, der sich in der Vergangenheit damit für mich verband (ja, solche Fehlentwicklungen gibt es natürlich auch!). Vielmehr ist doch die Frage berechtigt, ob und wie wir Gottes Stimme wahrnehmen und ob wir überhaupt bereit sind, zu hören. Oder glauben wir, er rede nicht mehr? Die Offenbarung erschöpfe sich auf den abgeschlossenen Kanon der 66 biblischen Bücher? Ganz so rhetorisch ist die Frage eben nicht! Ein Glaube, der dem sujektiven Hören mehr Raum gibt, als dem Wort der Bibel, verlässt sehr schnell das sola scriptura Prinzip der Reformation.
Und genau deshalb freue ich mich über die beiden Predigten - die keineswegs auf die Schrift verzichten, sie relativieren oder gar ablösen wollen, sondern die Ohren geöffnet wissen wollen, uns einladen, in der Beziehung zu Christus Hörende zu sein.
Dass die beiden Predigten am gleichen Tag über das Internet laufen, mag Zufall sein ... für mich aber eine Erinnerung, dass die Gebetsoase dem Hören und Betrachten gewidmet ist. Da fang ich doch mal gleich bei mir selbst an, in der Stille.