Der bekannte baptistische Theologe und geistliche Leiter verstarb gestern - am 16. September 2024 im Alter von 71 Jahren. Claudia gibt hier einen Einblick in ihr Tagebuch vom darauffolgenden Tag.

 

Guten Morgen!

Es ist kurz nach 5 Uhr. Ich bin zu Gast bei einer Freundin in Hannover. Heute beginnt die Pastorenstudientagung. Dieser Füller ist lange nicht geschrieben. Die Tinte war leer und eingetrocknet. Das zeigt sich auch im Schreiben. Die Tinte muss erst wieder ins Fließen kommen. Mir ist es aber wichtig, gerade heute Morgen mit diesem Füller zu schreiben.

Gestern ist Heiner gestorben.

Diese Nachricht traf mich unvorbereitet im Café via Facebook durch den Post eines Pastors, der mir weniger vertraut ist, auch wenn ich mit ihm „befreundet“ bin. Ich war mir unsicher, ob das eine „fake“-Nachricht ist, weil ich sie nirgend offiziell bestätigt fand. Zu frisch! Mittlerweile ist die Nachricht auf vielen Kanälen rum. „Traurig“ Emoticons sagen kaum das aus, was an Gefühlen wirklich zu sagen ist!

Heute Nacht wachte ich aus einem Traum auf, und in mir klingt das Lied „I will dance“, das mir eine gute Freundin zu meinem 50. Geburtstag gesungen hat. Mehr als diese eine Zeile klingt nicht in mir, und im Aufwachen dachte ich an Körpertherapie, Tanz … und Heiner.

Er war es, der mir auf einer Dorfweiltagung Jesaja 61 zusprach:

tagebuch17 09 24Der Geist Gottes des HERRN ist auf mir, weil der HERR mich gesalbt hat. Er hat mich gesandt, den Elenden gute Botschaft zu bringen, die zerbrochenen Herzen zu verbinden, zu verkündigen den Gefangenen die Freiheit, den Gebundenen, dass sie frei und ledig sein sollen; zu verkündigen ein gnädiges Jahr des HERRN und einen Tag der Rache unsres Gottes, zu trösten alle Trauernden, zu schaffen den Trauernden zu Zion, dass ihnen Schmuck statt Asche, Freudenöl statt Trauer, schöne Kleider statt eines betrübten Geistes gegeben werden, dass sie genannt werden »Bäume der Gerechtigkeit«, »Pflanzung des HERRN«, ihm zum Preis.  (Jesaja 61,1-3)

Aus dem Text, den ich jetzt aus der Bibel abgeschrieben habe, klang heute Morgen beim Aufwachen in mir nur „Freudenöl statt Trauer“. Auch dachte ich an das Seminar zu Prophetie und Hörendem Gebet in Braunschweig und sehe mich da an dem Abend mit Heiner. Seit diesem Abend begleitet mich das Bekenntnis, mein Bekenntnis:

„Jesus, die Melodie in meinem HERZEN.“

Mittlerweile kommt mein Füller wieder in den Fluss. Denke ich an Heiner, denke ich auch an einen Mann, der davon zeugte, dass er mit seinem besten Füller morgens Tagebuch und Gebete schrieb. Dieses Bild von ihm am Schreibtisch habe ich im Kopf, auch wenn ich ihn nie live dort gesehen habe. Aber es hat sich mir eingeprägt. Ebenso dachte ich gestern an meine erste bewusste Szene mit ihm, vor mehr als 30 Jahren, bei meinen geistlichen Eltern im Wohnzimmer. Er war als Referent in Buer. Und von dem Seminar klingt mir nicht viel mehr im Ohr, doch ich verbinde damit, dass er ermutigte, die „Rechenschaft des Glaubens“ zu studieren und zu leben. Verwurzelung im Wort fällt mir dazu ein.

Mit Heiner geht die Generation der geistlicheren Leiter „vor uns“. Er hat viel gewagt – und viel gelitten. Nicht nur an der Krankheit. Denke ich nur daran, wie er vor Jahren für ein prophetisches Wort „zerrissen“ wurde. Keine leichte Zeit.

Heiner RustMit freundlicher Genehmigung von Dr. Michael Bendorf. Denke ich an Heiner, denke ich auch an einen Leiter, der sich zurücknehmen konnte, der nachfolgenden Generation Raum gab, ohne sich zurückzuziehen. Er selbst ging weiter nach vorne, gestaltete, prägte, lehrte, ermutigte, fand neue Themen und Aufgaben. Heiner musste nicht klammern. Er ließ sich leiten. Sitzt er auf seinem Abschieds-Bild in einem Segelboot, ist das sehr charakteristisch:

sich von Gottes Wind leiten lassen, die Segel setzen
und im Strom des Lebens den Kurs finden
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